Ich frage mich oft, worin meine Rolle als Übersetzer besteht. Eigentlich scheint zunächst die Antwort selbstverständlich zu sein und es reicht, ein Buch über die Übersetzungswissenschaft aufzublättern, um eine detaillierte Beschreibung der Aufgaben eines Übersetzers zu finden: einen Inhalt zu vermitteln, indem man die Kulturlandschaft des Ziellandes berücksichtigt, den Stil des Ausgangstextes wiedergibt und die Erwartungen des Endlesers des Textes immer im Auge behält.
Das ist alles klar und deutlich. Eigentlich. Ich selbst kann jedoch nicht unsensibel bleiben gegenüber dem, was ich lese und was ich um mich herum sehe. Die Beachtung des Stils und der Grammatikregel meiner geliebten Muttersprache scheint jedoch bei einigen Textverfassern in Vergessenheit geraten zu sein.
Und es geht dabei nicht nur um die Sprache der sozialen Medien oder von Handynachrichten: Sogar bei Zeitungsartikeln, Zeitschriften und auch bei einigen Büchern jeglicher Art bin ich oft von der Vereinfachung und der Banalität des Schreibstils des Verfassers enttäuscht. Es kommt deswegen auch vor, dass ich manchmal überrascht bin, wenn ich auf einen gut geschriebenen Text stoße.
Wenn es so ist, nehme ich mir Zeit und befasse mich mit diesem gut geschriebenen Text: Ich lese ihn mehrmals vor und genieße seine Schönheit. Die große Schönheit der Sprachen, die leider gefährdet ist und allmählich zerbrechen kann, ohne dass wir es merken.
In solchen Fällen nehme ich mein Wörterbüchlein und schreibe all die schönen Wörter, aussagekräftigen Sätze und poetischen Stellen ab, in der Hoffnung, dass ich sie irgendwann bei meiner Arbeit verwenden und damit beitragen kann, meine Muttersprache vielfältig, lebendig und dynamisch zu halten.